Vor etwa 14 Tagen richtete ich den neu erstandenen Tuxedo Nano ein. Tuxedo selbst steht für kompromisslose Unterstützung der Linux-Welt. Sie bieten zu ihrer Hardware eine eigene Distribution mit dem KDE-Desktop an. Besonderheiten sind hier die Treiber für die gesamte Hardware im Gerät, ein Control-Center für verschiedene Einstellungen und das Abklemmen des Snap-Stores. Das nur zum Einstieg, denn mich haben verschiedene Distributionen interessiert und die Probleme, in die ich als AnwenderIn damit geraten kann.
Bitte erwartet hier keinen detaillierten Bericht über alles, was passieren kann. Ich möchte es so einfach wie möglich halten. Die Sicht auf die Distributionen soll in etwa so sein, als wenn ich ein anderes OS installiere oder mit meinem neuen Rechner vorinstalliert erhalte. Selbst die Installationsroutine ist hier nebensächlich. Ja, die ist natürlich nicht unwichtig, aber mir geht es in erster Linie um die Anwendung des Systems und der Software. Da ich schon viele Jahre immer wieder mal Linux installiert und genutzt habe, muss ich zudem aufpassen, dass ich nicht Dinge in den Beschreibungen weglasse, die mir vielleicht klar sind, anderen aber eher nicht.
Ich möchte mit TuxedoOS anfangen. Das System kommt mit der Hardware selbiger Firma vorinstalliert beim Kunden an. Da gibt es keinen Unterschied zu einem Windows oder macOS System. Man muss die entsprechenden Daten eingeben und ist schon drin. Wie sonst auch, muss natürlich die Internetverbindung eingerichtet werden. Das klappt entweder durch das Einstecken des LAN-Kabels, oder man wählt das entsprechende Funknetzwerk aus und gibt das Passwort ein. Interessant ist hier zu wissen, dass es ein Service-Script gibt, das sich um neue Hardware-Treiber von Tuxedo kümmert. Bei meinem Laptop von 2018 wurden z.B. gelegentlich neue Treiber für die Tastatur und das Trackpad geladen. Das geht vollkommen automatisch, einzig den Hinweis, den Rechner bitte neu zu starten, muss man beachten.
Auf neue Software-Updates werden die AnwenderInnen auch hingewiesen und müssen diese nur mit dem Software-Center installieren. Bei Systemsoftware muss natürlich das Passwort eingegeben werden.
Ich benutze den Computer hier ausschließlich für meine privaten Belange. Meine grundsätzlichen Anforderungen bezüglich der Software sind wie bei vermutlich 99 % aller AnwenderInnen. Ich möchte mit einem Webbrowser ins Internet gehen, E-Mails empfangen, verarbeiten und versenden, meine Musik verwalten und abspielen, Fotos von Smartphone und Kamera einlesen und verwalten können. Dazu kommen natürlich noch eine gescheite Textverarbeitung und gelegentlich eine Tabellenkalkulation. Passwörter sollen auch verwaltet und automatisch im Browser eingegeben werden. Weil ich auch noch mit Weblogs hantiere, benötige ich einen FTP-Client und eine einfache Fotobearbeitung. Für die Kommunikation mit Freunden und Familie natürlich auch den einen oder anderen Messenger. Ich denke, auch wenn sich das jetzt viel liest, trifft das auf nahezu alle AnwenderInnen zu, die einen PC daheim nutzen.
Der überwiegende Teil der Software ist hier bereits mit dem System verfügbar. Was fehlt, wird, wie bei anderen Systemen auch, einfach aus einem Software-Center installiert. Dort erhält man sowohl Vorschläge, man kann durch die Rubriken scrollen als auch per Suche gezielt eine Software finden. Obwohl TuxedoOS von Ubuntu abstammt, haben die EntwicklerInnen bei Tuxedo den Snap-Store abgeklemmt und bieten neben eigenen Paketquellen auch Flatpak an. Ja, da gibt es in den Linuxforen heiße Diskussionen über das Für und Wider zu den Paketmanagern und Quellen. Ich habe für mich beschlossen, mich dafür nicht zu interessieren, sondern nehme das, was für mich am besten passt, oder was in der Distribution angeboten wird. Später, wenn man mehr Erfahrung mit dem System hat, kann man auf recht einfache Weise in den meisten Distributionen die Paketmanager wechseln.
Natürlich gibt es wie überall den einen oder anderen Fallstrick. Meine Stolperfalle war die Nutzung von Flatpak und den damit einhergehenden Berechtigungen der Software im System. Für Flatpak sind unter anderem die Dateizugriffe per Berechtigungen eingeschränkt. Das hatte z.B. bei mir die Auswirkung, dass im über Flatpak installiertem Vivaldi die Kommunikation mit KeePassXC nicht funktionierte. Vermutlich hätte ich das einstellen können, aber die Installation von Vivaldi ohne Flatpak war schon vollkommen ausreichend. Das ist eines der Dinge, die passieren können.
Anfänglich war ich eher skeptisch, was den KDE-Desktop anging. Ich hatte vor einigen Jahren mal nicht so gute Erfahrungen damit gemacht. Doch hier, muss ich sagen, läuft das System einfach rund. Die Backups funktionieren über Systemtools, und die Einstellungsmöglichkeiten sind gigantisch. Sofern man das benötigt. Derzeit ist TuxedoOS mein System der Wahl.
Ich habe mir aber noch andere Distributionen angeschaut, weil ich wissen wollte, was mich als AnwenderIn erwartet. Immer gemessen an den oben erwähnten Anforderungen. Eines meiner von der Optik her liebsten Systeme ist Fedora mit dem Gnome-Desktop. Gnome ist die andere bekanntere Desktop-Variante neben KDE. Es gibt noch viele davon, wie Mate, Cinnamon oder LXDE / LXQT usw. Alle haben ihre Besonderheiten. Einige sind besonders für ältere Hardware geeignet, weil sie keine hohen Anforderungen an die Hardware stellen. Auch gibt es Versionen, die für besondere Anwendungen gedacht sind, wie Kubuntu für Bildung und Schule. Es findet also jedes Töpfchen seinen Deckel.
Zurück zu Fedora mit Gnome. Es gibt Fedora auch mit KDE und anderen Varianten. Auch hier ist die Auswahl groß. Gnome sieht auf den ersten Blick aufgeräumter als KDE aus. Auch sind einige Funktionen anders implementiert, aber trotzdem vorhanden. Ich behaupte an dieser Stelle einfach mal, wenn man sich ein wenig mit Linux als System beschäftigt, findet man sich nach kurzer Zeit in jeder Desktopumgebung zurecht. Es ist keine Raketenwissenschaft mehr, wie noch vor etlichen Jahren. Der größte Unterschied zu TuxedoOS (also auch Debian und Ubuntu) liegt im Paketmanager. Das ist aber auch beinahe alles, was man als AnwenderIn feststellen wird. Klar, es gibt sicherlich die eine oder andere Besonderheit, aber die hat man im Falle von Windows oder macOS auch. Die Software ist identisch mit der, die in anderen Distributionen eingesetzt werden kann. Für das Office-Paket kann einfach LibreOffice genommen werden, Firefox für das Internet, Thunderbird für E-Mails und so weiter und so fort. Wirft man einen Blick in die Systemsoftware, also das, was die Distribution selbst entwickelt und beisteuert, heißen die Programme anders, aber der Zweck ist derselbe. Eine Dateiverwaltung verwaltet meine Dateien. Die eine sieht so aus, diese hier dann anders. Die Feinheiten findet man mit der Zeit heraus, aber man kann Fedora umgehend nach der Installation benutzen. Einzig verschiedene Multimediacodecs für spezielle Formate müssen ggf. manuell nachinstalliert werden.
Gegen Mitte oder Ende der 1990er Jahre hatte ich meinen Erstkontakt mit Linux. Damals war es SuSE Linux, welches heute unter openSuSE firmiert. Die Distribution erkennt man an dem Gecko als Wappentier. Zu openSuSE muss ich gar nicht so viel erzählen. Der Paketmanager und die Systemsoftware sind anders als bei den vorher genannten Systemen. Vermutlich auch ein wenig gewöhnungsbedürftiger. Auch hier müssen Multimediacodecs manuell nachinstalliert werden. Der Aufwand, genauer gesagt die Anforderungen an die AnwenderInnen, sind hier etwas höher als bei Fedora, weil bestimmte Befehle (im Grunde zwei Zeilen) im Terminal eingegeben werden müssen. Allerdings ist das gut dokumentiert und sollte machbar sein. Ganz unabhängig davon halte ich open-SuSE für eine der stabilsten und am besten gepflegten Distributionen. Auch hier gilt, es wird AnwenderInnen geben, die sich damit beschäftigen. Ich habe es vordergründig wegen des Geckos getan. 🙂
Eine sichere Bank für funktionierende Software und ein sicheres System ist die Distribution Debian. Sämtliche Ubuntu-Derivate basieren auf Debian. Es ist sozusagen die Mutter vieler Distributionen. Das besondere Merkmal von Debian ist die konservative Vorgehensweise beim Einbau von neuster Software. Die Entwickler setzen klar den Fokus auf Stabilität und Sicherheit. In der Konsequenz bedeutet das für die AnwenderInnen, dass eben nicht das neueste Office-Paket installiert wird. Aber das ist für die privaten AnwenderInnen in meinen Augen vollkommen egal. Wer ein gut funktionierendes und ausgereiftes System vorzieht, wird mit Debian perfekt bedient. Auch für Debian gibt es verschiedene Desktop-Systeme wie Cinnamon, KDE und Gnome. Durch den starken Fokus auf die Stabilität und Sicherheit des Systems, gibt es im Terminal Restriktionen für die AnwenderInnen. Aber auch das sind schon Vorgänge, die man in aller Regel nicht benötigt. Sofern die Ansprüche an das System steigen, gehe ich davon aus, dass auch die AnwenderInnen sich zu dem Zeitpunkt besser auskennen. Damit sollten diese Aktionen auch von der Hand gehen.
Alles in allem ist mein persönliches Fazit beim Einsatz von Linux, gemessen an meinen Anforderungen und daran, dass ich vorher über 20 Jahre macOS benutzt habe, ziemlich deutlich für Linux ausgefallen. Es gibt nichts, das ich mit Linux nicht machen kann, mehr noch, ich habe wesentlich größere Freiheitsgrade bei der Gestaltung meines Systems erhalten. Es ist auch mit einem Linux wichtig, sich mit seinem System zumindest in den Grundzügen vertraut zu machen. Das Problem, das ich vielfach sehe, sind AnwenderInnen, die einfach keine Lust haben, sich mit dem benutzten System auseinanderzusetzen. Viele in meinem Bekanntenkreis können sich in Windows anmelden, den Browser öffnen und auf YouTube Filmchen anschauen. Das war es oftmals. Das ist eigentlich schade, denn mit Linux geht auch das, nur, ohne dass ich Microsoft oder Apple meine Daten gratis liefere. Für mich ist das in diesen Zeiten ein wichtiger Faktor, dass ich so weit wie möglich unabhängig von den Konzernen meine Daten verwalten kann. Im Prinzip gibt es nur einen einzigen Grund, warum die Menschen das akzeptieren: Bequemlichkeit.
Bei mir war das auch so, aber die politischen Entwicklungen der jüngsten Gegenwart haben mich zu einem radikalen Umdenken bewogen. Jetzt sitze ich vor einem gut geölten Linux-System und frage mich: »Warum erst jetzt?«.
Also, traut euch und macht den Schritt. Zumal es da draußen unfassbar viele Menschen gibt, die euch helfen können und auch wollen. Ich hätte vieles auch nicht ohne Hilfe von diesen großartigen Leuten geschafft.
