Erziehung ist oftmals ein heikles Thema, wenn man sich mit anderen Eltern unterhält. Nicht selten bleibe ich zurück und frage mich ernsthaft, ob ich etwas falsches im Kopf habe. Um es vorweg zu nehmen: Nein, mein Umgang mit Situationen und meine Entscheidungen sind nicht falsch. Aber nicht in allen Fällen auf andere Menschen übertragbar.
Unsere Teen wächst heran und darf nach dem nächsten Geburtstag Bier trinken, rein rechtlich betrachtet. Wir unterhalten uns in der letzten Zeit immer mehr über komplexe Themen, die ihr Leben und ihre Zukunft betreffen. Ich sehe, dass sie sich Gedanken macht, abwägt und sich eine Meinung bildet. Und, was ich ganz wichtig finde, sie macht diesen Prozess durch, bevor sie mit uns darüber spricht.
Die Jahre mit Kindern haben mir gezeigt, dass die Leitplanken und Optionen, die wir als Eltern anbieten, der Grundstock für alles spätere sind. Als ganz junger Vater war mir das selbstverständlich nicht klar. Da musste ich erstmal verstehen, was meine Eltern bei mir verkorkst hatten, um aus dem Karussell auszusteigen.
Die Teen trifft Entscheidungen. Ich würde mir nicht mehr anmaßen, die aus meiner Sicht heraus, hm, zu kritisieren. Kritisieren ist ein doofes Wort dafür, aber mir fällt gerade kein anderes ein. Eigentlich kritisiere ich eh wenig bis gar nicht. Ist halt das Ding mit Vertrauen und Akzeptanz.
Für uns ist es wichtig, dass wir Vertrauen haben. Vertrauen darauf, dass Entscheidungen durchdacht wurden und Vertrauen darauf, dass wir da sind, wenn etwas nicht wie erhofft funktioniert. Ich glaube, ohne dieses Vertrauen würde das Leben mit seinen Entscheidungen ein ständiger Eiertanz mit einem Stressball in der Hand sein.
Heute habe ich der Teen im Gespräch gesagt, dass sie alles machen kann, was sie möchte. Wenn sie Künstlerin werden möchte, dann wird sie das. Wenn sie eine Ausbildung zu was auch immer machen möchte, soll sie es machen. Möchte sie auf die Uni, bitte, hier geht es lang. Es ist ihr Leben. Ihre Entscheidungen. Natürlich mit den Konsequenzen, die sich mitunter daraus ergeben.
Das ist für einige Menschen die ich kenne undenkbar. Da sind alle Planungen schon kurz nach, manchmal auch vor, der Geburt fertig. Der Weg ist gesetzt. Keiner von denen versteht, wie viel Unglück man damit in das Leben der Kinder bringen kann. Sie werden eventuell Zeit ihres Lebens an diesen Entscheidungen, die für sie getroffen wurden, leiden (und gar nicht wissen warum es ist wie es ist).
Ich bin fest davon überzeugt, dass es einen Weg gibt, Kinder dahin zu bringen, dass sie auf der Grundlage ihrer Erfahrungen und des Vertrauens aus dem familiärem Umfeld, eigenständig und überlegt zu handeln. Sie werden es sicherlich anders tun als wir. Vielleicht besser, aber in jedem Fall ist selbstbestimmtes Handeln der kürzere Weg zu einem glücklichen Leben. Wie auch immer das empfundene Glück dann aussieht.
Wir dürfen nie vergessen, dass es nicht unser Leben ist. Es ist das Leben eines Menschen mit eigenen Erfahrungen, vermutlich trotzdem durch unsere Muster geprägt, aber so aufgebaut, dass der Mut zur Entscheidung da ist. Was sich für uns dann wie Kontrollverlust anfühlt (und auch ist). Und das ist gut so.