Love is the fing

Joe Talbot von den Idles singt es uns eindringlich vor. Die Liebe ist der Trick. Dieser Satz hat mich heute Nacht wach gehalten. Meine Gedanken kreisten um unsere Situation als Gesellschaft und immer wieder kickte der Satz dazwischen. Da ich ohnehin nicht schlafen konnte, habe ich angefangen zu versuchen zu verstehen, warum dieser Satz plötzlich immer wieder nach vorn drängte.

Um es gleich vorwegzunehmen, ich weiß ich nicht, wo dieser Text hinführen wird. Es ist jetzt nach vier Uhr in der Nacht, und ich bin aufgestanden, um die Gedanken aus meinem Kopf zu bekommen. Kaffee steht bereit und die Tastatur wartet gnädig auf meine steifen Finger. Damit ist vermutlich auch klar, dass das hier keine wissenschaftliche Abhandlung über ein Thema ist, sondern der Gedankenstrudel aus meinem eh schon recht wirren Kopf. Eher emotional als technisch. Zurück zum Thema. Es geht im Grunde um die Liebe und die Gesellschaft. Also Menschen in erster Linie. Bei der Liebe denken viele direkt an den Valentinstag und die innige, zwischenmenschliche Vereinigung von sich Liebenden. Ich habe mehr die Liebe zum Menschen ganz allgemein vor Augen. Diese Art der Liebe beinhaltet Begriffe wie Offenheit, Toleranz, Empathie, Entgegenkommen und Verständnis. Vermutlich noch ein paar andere Dinge mehr, aber die fallen mir jetzt gerade nicht ein. Aber ich denke, das reicht, um verständlich zu machen, wie ich das verstehe.

Unsere Gesellschaft sieht sich derzeit mehreren Herausforderungen ausgesetzt, die nicht so einfach zu bewältigen sind. Bedingt durch Klimakatastrophe und Flüchtenden aus aller Welt und aus unterschiedlichsten Gründen ist ein großer Teil der Bevölkerung (Gesellschaft) zu der Erkenntnis gekommen, dass wir Dinge ändern müssen. Und das teils drastisch. Vieles davon ist wissenschaftlich einwandfrei bewiesen. So werden die Rufe laut, endlich das kapitalistische System dahingehend anzupassen, dass nicht die Superreichen noch reicher und einflussreicher werden. Das Kapital soll ordentlich zum Lebensstandard aller beitragen. Tax the rich, als Beispiel genannt. Und viele weitere Forderungen werden plötzlich intensiv vorgetragen, es wird dafür demonstriert, Petitionen eingereicht und Gerichtsverhandlungen angestrebt. Weiterhin ist vieles davon wissenschaftlich belegt.

Und jetzt kommt mein Gedanke dazu, warum gerade passiert, was nicht passieren darf. Was ist, wenn der Kapitalismus nur der Versuch ist, den Faschismus zu zähmen? Oder wenn er nur eine weniger gewalttätige Form davon ist? Faschismus ist, neben allen schrecklichen Taten, die unersättliche Gier nach Macht und Reichtum. Es ist das freigelassene Biest, das alles und jeden verschlingen wird, nur um noch mehr Macht zu erlangen. Für mich macht es das aktuelle Geschehen erklärbar. Der Kapitalismus sieht sich einschneidenden Änderungen ausgesetzt, die von der Gesellschaft mehrheitlich gefordert werden. Und der Dammbruch war, meiner Meinung nach, das Jahr 2015. Das Jahr, in dem ich als deutscher Staatsbürger glücklich, stolz und voller Liebe zu den Menschen in diesem Land war. Als die besagten Tore aufgingen und wir Menschen in undenkbaren Situationen aufnahmen und ihnen einfach Hilfe zukommen ließen. Und wie ich das hier aufschreibe, werden meine Augen ganz wässrig, weil wir nun die Umkehrung aller Errungenschaften erleben.

Der Kapitalismus fühlt sich bedroht. Das heißt nichts anderes, als dass die Superreichen und Mächtigen in dieser Welt sich plötzlich bedroht fühlen. Der Faschismus leidet an einer schweren psychischen Störung. Einerseits sieht er sich über allem stehen, als Machtgipfel und einzig wahre Gesellschaftsform, andererseits leidet er an Verfolgungswahn. Überall lauern Gegner und wer nicht konform ist, wird zermalmt. Deswegen wird der Faschismus über die Zeit, in der er frei agieren kann, immer extremer werden. Um noch mehr Macht und Reichtum anzuhäufen, um alle Gegner zu zerstören, wird es letztlich alles und jeden treffen. Das ist vielen Mitläufern nicht klar. Aber am Ende muss es so sein.

Der Kapitalismus entfesselt jetzt, je nachdem wie man das sehen mag, sich selbst oder holt seine Superwaffe, den Faschismus, hervor und zermalmt seine Gegner. Also uns. Wir, als Gesellschaft, als Menschen ohne Reichtum und Macht, sind Gegner. Erst wohlgefällige Helfer, dann Gegner. Toleranz kennt der Faschismus nicht. Er ist Kapitalismus ohne Grenzen, ohne Menschlichkeit.

Seitdem wir freiwillig Menschen halfen und zu uns hereinließen, seitdem wir laut nach Änderungen zum Wohle aller rufen, werden wir gespalten. Mit Neid. Damit fängt es an. Neid ist der Wegbereiter des Faschismus. Ich habe das auf den ersten Seiten in dem Buch »Die doppelte Nacht« gelesen. Ein Italiener bereist das Nachkriegsdeutschland im Jahr 1958 und findet diese Worte, die auch in meinem Kopf herumgeistern. Auf allen Kanälen versucht man uns zu suggerieren, dass andere Menschen unberechtigterweise mehr Butter auf ihr Brot schmieren können als wir. Das ist so perfide eingefädelt, dass es tatsächlich Menschen gibt, die darauf hereinfallen. Weil offensichtlich Neid in einer Wohlstandsgesellschaft ein Auslöser für Gewalt ist. Der verängstigte Kapitalismus verteilt großflächig Neid, um die Gesellschaft (wieder einmal) zu spalten, damit die entfesselte Form, der Faschismus, den Gegnern den Garaus machen kann.

Deswegen schrieb ich anfänglich von der Liebe zum Menschen. Wir alle müssen dringend in uns hineinschauen und prüfen, ob nicht doch noch etwas davon übrig ist. So viel, dass der Neid uns nicht mehr spalten kann, so viel, dass der Faschismus nicht wieder alles in Schutt und Asche legt, nur um dem Kapitalismus einen Neuanfang zu bescheren.

Ich weiß, es ist natürlich auch nicht richtig von mir, immer den Begriff »Kapitalismus« zu benutzen. Dahinter stehen eindeutig Menschen, keine Märkte oder andere imaginäre Dinge. Es sind die Superreichen in diesem Land und auf der Welt. Die Konzerne mit ihrer unfassbaren Macht, die politisch Einfluss nehmen einfach nur, weil sie Macht aus Kapital schöpfen. Hinter dem Faschismus stehen Menschen, die das wollen. Natürlich kann man den Faschismus nicht mit Liebe bekämpfen, aber wir können ihm die Grundpfeiler entziehen, auf denen er seine Macht zu entfalten versucht. Begegnen wir dem Neid mit Liebe zu den Menschen.

Love is the fing.

Soziale Einstellung

Als Kind einer Arbeiterfamilie bin ich vermutlich mit einer gewissen sozialen Einstellung groß geworden. Obwohl ich, rückwirkend betrachtet, das noch einmal genauer betrachten müsste. Aber das mache ich mit mir aus, das ist kein Thema für euch. Mitten im Ruhrgebiet ansässig, für die ersten dreißig Jahre meines Lebens, waren SPD zu wählen und in der IG Metall zu sein einfach unkündbare Gesetze.

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Ungewissheiten (5)

Ich oute mich heute als kapitalistischer Ausbeuter. Zumindest sind viele Menschen der Meinung, als VermieterInnen von Wohnraum ist man das per definitionem. Leider muss ich denen recht geben. Viele VermieterInnen sind genau das. Vor vielen Jahren haben wir das am eigenen Leib erleben dürfen. Durch einen mehr oder weniger glücklichen Umstand sind wir dann selbst zu VermieterInnen geworden.

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Ungewissheiten (4)

Manchmal bleibt nach dem Atmen ein bitterer Geschmack nach Asche zurück, das Blut zieht sich träge und brennend durch ein Leben, lässt alles schwelend auf seinem Weg vom Kopf bis in den Fuß hinter sich zurück. Im pulsierenden Herz ein kleiner Stopp, dann geht es weiter mit der Einäscherung.

Und du sinnierst von endenden Tagen, vergessenen Erinnerungen und verpassten Gelegenheiten – siehst nicht den Moment im Jetzt, die Freude, den Spaß und das Leben hinter all der Melancholie.

Ungewissheiten (3)

Gelegentlich packt es mich und ich räume diverse Bereiche meines Lebens auf. Momentan sitze ich an meinen Computern und betrachte die Programme, die sich im Laufe der letzten Jahre angesammelt haben. Wer kennt das nicht? Hier ein Download, da mal etwas ausprobieren und dann ist da noch diese eine App, die ein guter Bekannter empfohlen hat und im Internet steht alle naselang eine neue, interessante Empfehlung. Tja, dann wächst der Programmordner an, die Dateiablage explodiert und unterdessen tummeln sich deine Daten in diversen Programmen mit den unterschiedlichsten Formaten. Manchmal geht das nicht anders, aber alles in allem bist du im Zweifel auf ganz viel unterschiedliche Programme angewiesen.

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Ungewissheiten (2)

Eine der größten Ungewissheiten bei mir ist, ob ich etwas schreibe oder doch wieder an mir selbst scheitere. Meistens ziehe das Scheitern aus der Lostrommel des Texters. Bezogen auf den Anspruch, den ich vor vielen Jahren hinsichtlich der Schreiberei an mich stellte, ist es ein Versagen über Dekaden hinweg. Immerhin kommen gelegentlich einige Sätze aus meinem Kopf und finden ihren Weg in die Welt.

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Ungewissheiten (1)

Wir entstehen als Leben aus Samen- und Eizellen. Sobald wir geboren wurden und selbstständig atmen, sind wir in einem Zustand angekommen, der gemeinhin als »das Leben« bezeichnet wird. Das ist jetzt zwar dünnes Eis und dahin möchte ich eigentlich nicht, aber es muss der Vollständigkeit halber doch gesagt werden: Das biologische Leben passiert schon viel früher.

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Der ätherische Spiegel

Es gibt Menschen, denen ich nichts verzeihe, vor allem nicht ihre dunklen, schlechten Gedanken. Manchmal wünschte ich mir einen Stempel, den ich ihnen auf ihre Stirn hämmern kann. »Mit schlechten Gedanken versetzt«, wie auf Wasserflaschen, in denen mit Kohlensäure versetztes Wasser herumschwimmt. An einer unscheinbaren Stelle in ihren Körpern entstehen diese Gedanken, wie kleine Luftbläschen, steigen sie an den Wirbeln und Nerven empor, überwinden mit Leichtigkeit die Blut-Hirnschranke und setzen sich zuerst im Kopf fest. Dort verrichten sie ihr trügerisches Werk, sparkling und fröhlich, verwirren zuerst, spenden alsbald glaubhafte Gewissheit. In dunklen, klaren Nächten kann ich diese kleinen, schlechten Gedankenbläschen aus ihren Köpfen, aus ihrem Verstand, aufsteigen sehen und wenn dann keine Wolke am Himmel sie aufhält, entschweben sie bis in das All. Am Ende allen Schwebens fangen die ersten zackigen Bläschen an, im Gleichschritt durch die Galaxie zu marschieren. Eisiger Frost überzieht das Äußere und passt ausgezeichnet zum Inneren. Kälte und Dunkelheit bleibt, wo immer sie entlang marschieren. Am Scheitelpunkt, wo Schatten, Licht und das Nichts sich treffen, vereinen sie sich, schwellen an und glühen aus sich heraus. Wir gaffen mit unseren teleskopischen Blicken und träumen von entstehenden Galaxien, sterbenden Sternen und explodierenden Planeten, die am Ende wie bunter Nebel durch das Weltall ziehen. Als ich an der Reihe bin, zieht die Frau mit dem schicken weißen Kittel und der hübschen Haube eine Kugel aus dem Strom, der sich aus den Köpfen um mich herum ergießt, und legt sie mir auf die Zunge. Wasser, ohne Kohlensäure, spült sie gelangweilt in meine Speiseröhre. Zuerst sinkt sie gehorsam den schmalen Gang herab, windet sich dann und steigt mit einem bösen Kichern an meinen Wirbeln und Nerven wieder empor. In den Kopf, in den Verstand. Sparkling. Das Zimmer, so hell und weiß wie die nette Frau im Kittel mit Haube, nimmt mich auf und am Bett prangen in dunklem Braun die Lederbänder als schreiender Kontrast zum Rest der Welt. Ein letzter Blick durch die Tür zeigt mir ihre schwachsinnig grinsenden Gesichter, aus deren obersten Rundung weiter die Bläschen mit den dunklen, kalten Gedanken in die Welt entlassen werden. Ich lege mich hin, spüre noch kurz das Leder, wie es sich um meine Gelenke schließt und ahne, dass mein Gesicht in wenigen Sekunden denselben schwachsinnigen Ausdruck annehmen wird. Der Nebel kommt. Sparkling. Ich sehe mich dort liegen. Mein schwebender Weg wird durch die Zimmerdecke aufgehalten. Ich kann nicht weiter. Sie haben mich mit ihrer kleinen Kugel gefangen, gezähmt, still gemacht. Von oben sehe ich so friedlich aus. Ich bleibe einfach dort oben und gehe nicht mehr zurück. Dahin, wo die Wut wohnt, sich alles aufbäumt und Stempel auf Köpfe rammen möchte.

Auferlegte Pflichten

Vermutlich liegt es am Alter und dem Zustand der Welt im Allgemeinen, dass mich Gedanken überkommen, die ich allerhöchstens in einem sehr jungen Gehirn verorten würde. Ich meine damit ein Gehirn aus einem pubertierenden Körper. Ein frischer, junger Verstand, der sich fragt, warum er dies und das machen muss; das Verständnis für die Welt suchend und dabei Konventionen brechend.

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