Vom Glück

Wenn ich hier sitze und mich umschaue, denke ich oft: „Geil, dass mein Leben so gut ist und ich mir vieles leisten kann.“ Mein Leben ist tatsächlich gut. Klar, es hat Höhen und Tiefen, doch überwiegend geht es mir, bzw. uns gut. Es fehlt uns an nichts. Bei einem tieferen Blick schmälert sich das Glücksempfinden zwar nicht, aber es wird deutlich, warum das so ist und warum es auch ganz anders sein könnte.

Bei Geschichten über Menschen, die sich angeblich alles selber erarbeitet haben, schlafe ich gewöhnlich nach den ersten zwei Sätzen ein. Noch nicht mal aus Langeweile, sondern weil ich weiß, dass das einfach nicht stimmt. Niemand ist eine Insel und schafft etwas komplett alleine. Das gilt selbstverständlich und ganz unbedingt auch für mich. Denn das Leben, das ich heute führe, wäre wegen verschiedenster Leute, die ich in bestimmten Situationen getroffen habe, einfach nicht möglich.

Das fängt schon ganz trivial damit an, dass ich niemals einen Tag arbeitslos war. Aber ganz ehrlich, das ist nicht meine eigene Leistung gewesen. Ich habe zwei Firmenpleiten mitgemacht. Zweimal gab es dort Menschen, die sich darum gekümmert haben, dass wir eine andere Stelle finden. Genauso, wie jemand dafür gesorgt hat, dass ich keinen Wehrdienst und keinen Zivildienst leisten musste, sondern einfach weiter arbeiten konnte. Ich bin diesen Menschen noch heute so dankbar dafür. Und mir ist klar, dass ich Glück hatte, das eben nicht jeder hat. Das einzige, das ich dazu beigetragen habe war, dass ich mich nie unterkriegen lassen wollte und auch in meinem Beruf gut war.

Und so ging es munter weiter in meinem Leben. Irgendwo gab es immer jemanden mit den richtigen Sätzen, den richtigen Ansporn oder Taten, die mich weitergebracht haben. Mein Beitrag war, dass ich mitgemacht habe. Ich bin auch gewachsen, habe mir Wissen angeeignet, das eigentlich kaum jemand hatte zu der Zeit. Doch auch mit allem Wissen, mitunter wirkliches Spezialwissen, wäre ich ohne Unterstützung und Hilfe von anderen Menschen eben nicht da, wo ich heute bin. Das Umfeld hat zufälligerweise gepasst.

Es muss uns allen klar sein, dass das nicht für jeden Menschen gilt. Nicht jeder hat dieses Glück. Viele sind begabt, viele wollen etwas erreichen, aber sie treten auf der Stelle, weil das Umfeld einfach nicht die Energie freisetzt, die sie dafür benötigen. Das mag sich nun etwas theatralisch anhören, aber wenn ich mich an meinen Werdegang erinnere, habe ich immer voller Dankbarkeit und Demut die Menschen vor Augen, die das tatsächlich geschehen lassen haben. Da sind Leute dabei, denen das vermutlich gar nicht klar ist. Doch hat ihr Handeln mich beflügelt, mich dahin getreten und mich wachsen lassen.

Das was wir selber machen, um etwas zu erreichen, kommt uns immer so unglaublich schwer, groß und mit hartem Einsatz verbunden vor. Doch guckt euch um, wenn ihr am Ziel seid und fragt euch, wer daran noch Anteil hatte. Ihr werdet sehen, dass ihr vermutlich niemals alleine dahin gekommen wärt. Seid einfach dankbar und zeigt es. Und natürlich sollt ihr auch Stolz auf euch sein 🙂