In der Cloud

Wenn ich Rückwärts blicke wie lange ich schon „online“ bin, also im Internet präsent, muss ich sehr lange schauen. Muss ich meinen Geburtstag in einem Onlineformular auswählen, scrolle ich recht weit nach unten. Falls ich mich richtig erinnere, haben wir mit einem Amiga 500 zum ersten Mal eine Telefonleitung genutzt. Richtig los ging es Anfang der 90er.

Ich weiß das erste Passwort für die Datenverbindung per Vertrag bei einem ISP immer noch auswendig. Das war damals schon ein Sprung in eine komplett neue Welt. Compuserve, Netscape und Newsgroups waren die Schlagworte, die uns damals umtrieben. Alles war neu und schön und wir hatten keine Ahnung, wie das eigentlich funktionierte. Verschlüsselung hatte ja auch noch niemand von uns gehört.

Mit dem wunderschönen iMac, bekannt als Lampe, wechselte ich von Windows zum macOS. Irgendwann gab es dann die iDisk, mit der es möglich war, Kalender, Adressbuch und Fotos über verschiedene Geräte zu synchronisieren. Als Besitzer mehrer Geräte war das natürlich die beste Anwendung von allen. Apple entwickelte das System immer weiter. Ich glaube, es ging über in den Namen MobileMe, dann in iCloud. Kann man auch an den E-Mailadressen sehen, die in der iCloud noch aufgelistet werden. Meine erste und älteste ist die mit der Endung .mac, die ich immer noch vorrangig benutze.

Was den Mitgliedern vom CCC (Chaos Computer Club) schon lange bewusst und bekannt war, kam im Ablauf von vielen Jahren langsam in der Gesellschaft an: Datenschutz, Privatsphäre und Abhängigkeit von Konzernen. Ich fing auch an, mir vermehrt darüber Gedanken zu machen. Theoretisch kann ich seit 2006 meine E-Mails verschlüsseln, sowohl mit S/MIME als auch mit PGP (GPGP). Ich kenne seit dem genau zwei Leute, mit denen ich so E-Mails austauschen könnte. Zwei.

An anderer Stelle biete ich bestimmten Menschen über Mailbox.org ein verschlüsseltes Postfach an, weil sie mir persönliche Unterlagen senden und ich ihnen welche senden muss. Dabei wird bei Mailbox für die Empfänger außerhalb von Mailbox ein Postfach angelegt, über das sie nur mit mir E-Mails austauschen können, die dann immer verschlüsselt sind. Hat in all den Jahren, in denen ich das mit Mailbox anbiete, genau einmal jemand genutzt. Alle anderen hauen ihre persönlichen Dinge per Gmail oder anderen Diensten raus.

Ich immer mal wieder darüber nachgedacht, was es für negative Auswirkungen haben kann, wenn ich meinen Kalender und mein Adressbuch über die iCloud synchronisiere. Na, das ist nur die halbe Wahrheit, ich habe mir natürlich auch Gedanken über all die anderen Daten, die mittlerweile über die iCloud abgeglichen werden, gemacht. Das System ist ja immer weiter gewachsen und mittlerweile gibt es nichts mehr, was nicht über die iCloud zwischen den Apple-Geräten abgeglichen wird (werden kann).

Ich habe in der iCloud nur privates Zeug. Beruflich werden Daten zwingend über Microsoft synchronisiert, aber darauf habe ich überhaupt keinen Einfluss. Es ist mir demzufolge vollkommen egal. Zum Beispiel dieser Text hier wird während ich tippe, von dem Programm iA-Writer immer wieder in die iCloud geladen. Das habe ich so eingestellt, damit ich unter Umständen auch im Bett am iPad weiter tippen kann. Dieser Text ist für das Weblog und damit wird er öffentlich verfügbar. Ich sehe da kein Problem ihn über die iCloud zu synchronisieren. Es ist in meinen Augen eine der besten Funktionen, die uns da angeboten wird.

Ich habe natürlich auch anderen Daten, die ich gerne auf allen Geräten zur Verfügung haben möchte. Bis vor, uhm, 2014 habe ich diese noch mit Festplatten und USB-Sticks verwaltet. Ab 2014 dann lernte ich Boxcryptor kennen. Dieses Programm verschlüsselt Daten auf dem Rechner, bevor diese in die Cloud geladen werden. Seitdem spare ich mir unheimlich viel Aufwand mit externen Laufwerken und Datenabgleich.

Meine Ablage ist so eingestellt, dass nichts unverschlüsselt bleibt, das ich in verschiedenen Programmen erstelle und in die iCloud lade. Gemeint sind damit Dateien von Numbers oder Pages z.B., in denen ich sehr persönliche Daten erfasse. Bisher habe ich ein gutes Gefühl. Zudem gebe ich auch zu, dass ich Apple hinsichtlich des Sicherheitsversprechens vertraue. Das mag anderen komisch bis falsch vorkommen, aber ganz ehrlich, hinterfragt an der Stelle einfach mal eure Vorgehensweise. Ist die wirklich so viel anders?

In den letzten Jahren habe ich immer wieder mal OwnCloud, dann NextCloud und auch das Drive von Mailbox ausprobiert. Nichts hat mich bisher wirklich überzeugt. Wenn ich nicht einen eigenen Server zu Hause installiere, liegen meine Daten immer auf Computern fremder Menschen. Hinzu kommt, dass ich den kompletten Pflegeaufwand selber habe. Das mag für manche Leute genau das richtige sein. Ich finde es gut, wenn Menschen sich da wiederfinden und sich mit dieser Materie eingehend beschäftigen. Ich erzähle der jüngsten Tochter auch immer alle Möglichkeiten, es vielleicht besser zu machen. Sie ist, was Privatsphäre angeht, in meinen Augen besser unterwegs, als viele andere Teens in ihrem Alter.

Bei mir denke ich, ist der Zug eh abgefahren. Was Apple jetzt noch nicht über mich weiß, wird es vermutlich auch nie erfahren. Für Google und Microsoft gilt das selbe. Lange Jahre haben wir alle doch Google benutzt und Microsoft war und ist der Industriestandard. Was denkt ihr, warum es keine oder kaum Schulungsangebote hinsichtlich Office in Unternehmen gibt, oder wenn, diese nicht genutzt werden? Die meisten Menschen kennen es eben von zu Hause. Wenn das nicht ausreicht, gibt es halt mal eine Excel-Schulung.

Es gibt allerdings ein Gerät auf dem Markt, das mich in den letzten Wochen etwas umgetrieben hat: Die Nextbox von NitroKey. Der Hersteller verspricht mit dem Einmal-Kauf eine eigene Cloud am eigenen Router, die auch von außen sicher zu erreichen ist. Und tatsächlich, wenn es so funktioniert wie es beschrieben ist, ist es ein unglaublich gutes Angebot. Angeschlossen und eingerichtet hat man die NextCloud in einer kleinen Kiste in seinem Haushalt stehen. Alle Daten auf den eigenen Geräten und trotzdem überall verfügbar.

Eigentlich ist meine Entscheidung für den Verbleib in der iCloud gefallen. Ich habe keine Lust mehr auf diesen Umzug, ggf. auftretende Probleme selber zu lösen und mich mit der Technik im Hintergrund beschäftigen zu müssen. Und doch scheint die Nextbox auf den ersten und zweiten Blick der in meinen Augen einzige Weg, eine eigene Cloud halbwegs ohne viel Aufwand hinzukriegen. Ich werde darüber vermutlich noch ein paar Wochen oder Monate nachdenken.

Damit bleibt für mich, dass eine Cloud, die nicht auf eigener Hardware sicher betrieben wird, einfach nur Daten auf dem Computer fremder Menschen sind. Ein Wechsel von der iCloud zu einem anderen Anbieter erscheint mir erstmal wenig sinnvoll.

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