Richtig konfrontiert wurde ich mit Begriffen wie Vegetarier und Veganer tatsächlich erst im Internet. Anfänglich habe ich das als Menschen mit gewissen Vorlieben bei der Ernährung wahrgenommen. Erst später aber verstanden, dass da viel mehr hinter steckt. Seit dem sind viele, viele Jahre vergangen.
Dass unsere Art der Ernährung einen Einfluss auf die klimatischen Verhältnisse unserer Erde hat, ist unbestritten. Massentierhaltung, Monokulturen, Schädlingsgifte und Überdüngung sind da einige der Schlagwörter. Ich bin nicht in einer Familie groß geworden, die besonders auf so etwas geachtet hat. Oma und Opa haben am Essenstisch den Mangel der Kriegsjahre ausgeglichen. Da kann man sich vorstellen, wie das dort nicht nur zu Feiern ausgesehen hat.
Wir hatten dafür in den 80er Jahren unseren sauren Regen, das Ozonloch und die Castor-Transporte. Da waren wir als Jugendliche weit weg vom Gemüse und Begriffen wie vegetarische und vegane Ernährung. Es wurde gegessen was auf den Tisch kam. Oft Fleisch, dazu ein Kopfsalat mit Öl-Essig-Dressing oder mit Zitrone säuerlich angemacht. Der Metzger war in der Straße, beim Discounter kaufte man damals noch nicht so oft.
Heute wird das ganze Ausmaß dieser Ernährung ersichtlich. Mir ist klar, dass Fleisch in diesen billigen Massen nichts ist, das ich auf meinem Tisch wissen möchte. Wir essen tatsächlich selten Fleisch, im Sinne von Braten, Schnitzel oder Frikadelle. Die jüngste Tochter ist gar kein Fleisch mehr. Sie hat sich dazu selber Inhalte aus dem Internet geholt, hat mit uns gesprochen. Wir nehmen Rücksicht wäre für mich der falsche, bzw. nicht ganz richtige Ausdruck, denn mit dem Wissen um die Zustände in der Welt und der Verantwortung, die unsere Tochter übernimmt, ist es für uns selbstverständlich, das zu unterstützen und mitzumachen.
Da wir oft zusammen essen, ist es für uns Erwachsene auch ohne Fleisch. Daran nimmt niemand von uns Anstoß. Es gehört einfach dazu, seitdem die Tochter kein Fleisch mehr isst. Wir haben dafür unseren Aufschnitt. Wir essen gerne eine gute Scheibe Schinken oder Dauerwurst auf unser Brot. Es gibt auch sehr viel Käse in allen Variationen in unserem Kühlschrank. An diesem Wochenende haben die Tochter und ich ein paar Fleischersatzprodukte ausprobiert. Ich wollte das eigentlich länger durchziehen, kann aber jetzt schon sagen, dass sich das bei mir nicht durchsetzen wird.
Klar, jetzt kann man einfach argumentieren, weil wir ja eh schon Wurst essen, will ich nicht davon weg. Aber für mich liegen die Gründe da ganz woanders. Ich weiß nicht, ob ich das richtig beschreiben kann, warum sich Fleischersatz bei mir nicht durchsetzen wird. Es fängt schon beim Namen an. Ich möchte keinen Fleischersatz. Genauso möchte ich auf nichts verzichten. Das ist eine ähnliche Falle wie beim Nikotin. Solange man auf seine Zigarette verzichten muss, wird das Aufhören mit der Qualmerei zur Qual und gelingt meistens nicht.
Das ist für mich sogar einer der wichtigsten Punkte. Ich möchte nicht mit dem Gedanken im Kopf daran gehen, dass ich auf etwas verzichte. Aber wenn ich die Packung vegane Pommersche Leberwurst aus dem Kühlschrank hole, kann ich diesen Gedanken fast gar nicht aus meinem Kopf bekommen. Da wird mit verschiedensten Tricks versucht, Fleisch zu imitieren. Geschmacklich gelingt das manchmal überhaupt nicht, manchmal aber doch überraschend gut.
Die Teen und ich haben uns darüber unterhalten. Wir sind beide zu dem Schluss gekommen, dass wir Menschen vermutlich noch eine Reifestufe brauchen, um das Thema endlich so anzupacken, dass es akzeptiert werden kann. Solange uns Fleischersatz in identischen Verpackungen auf den Tisch gelegt wird, klappt das nicht. Für uns hier niemals. Es muss etwas anderes heran. Kein Ersatz für Fleisch. Ich möchte etwas neues, einen Zugewinn für mich. Keine Bambusfasern in Rapsöl und Erbsenpaste, die etwas imitieren sollen, was ich eigentlich aus weltgesundheitlichen Gründen nicht mehr essen sollte.
Ja, keine Ahnung ob das jemand nachvollziehen kann. Ich kann den Gedanken auch nicht so richtig ausdrücken, der mir dabei im Kopf umherschwirrt. Vielleicht so: Bevor ich Fleischersatz esse, esse ich lieber einen Apfel oder Kohlrabi.