Abgehängt

Jetzt ist es geschafft, liebe Bundesregierung, liebe Landesminister:Innen, liebe Kultusminister:Innen. Ihr habt mich abgehängt. Ich kann eurer Irrfahrt nicht mehr folgen. Das Gefühl der Unsicherheit ist nun einem inneren Vakuum gewichen. Leere, wenn ich eure Gesichter in den Medien sehe, Taubheit, wenn sich eure Münder bewegen. Es geht nicht mehr. Ihr habt es auf ganzer Linie versaut.

Während wir als Eltern hier zu Hause versuchen uns, unsere Familie und Freunde, bestmöglich zu schützen, in dem wir uns ganz klar an die RKI-Verhaltenshinweise halten, stecht ihr uns ein Messer in den Rücken. Alle paar Wochen immer und immer wieder. Gestern habt ihr das Messer noch ein paar Mal in der Wunde gedreht.

Es ist nicht so, dass ich euch nicht mehr ernst nehme, aber ich sehe euch ab sofort als Gefahr für die Gesellschaft, zumindest für den Teil der Gesellschaft, der wie wir diese Pandemie als Bedrohung versteht. Wir sind euch weitestgehend wehrlos ausgeliefert. Was mich umtreibt ist unter anderem die Frage, wie ihr da sitzen könnt, euch nur mit euch selbst beschäftigt und von uns verlangt, unsere Kinder der Pandemie auszusetzen. Seit Monaten macht ihr für die Kinder: Nichts.

Die Lehrer:Innen in diesem Land zeigen die Probleme seit Jahren auf, die Pandemie legt ihre morbiden Finger in die Wunde. Und anstatt diese Wunde dem Zugriff der Pandemie zu entziehen und sie ordentlich zu säubern und zu verbinden, duckt ihr euch weg, macht die Augen zu und schickt die Kinder wie Kanonenfutter an die Front.

Ihr verlangt es einfach von uns. Ihr besteht darauf ein System aufrecht zu erhalten, das schon ohne Pandemie nicht richtig funktioniert hat. Wir sollen unsere Kinder in kalten Klassenräumen, im gemischten Unterricht, zu dem sie mit vollen Bussen und Bahnen fahren müssen, mit gutem Gewissen sitzen lassen.

Ich möchte meine aktuellen Gefühle dazu so ausdrücken: Fickt euch! Ich spucke auf euch. Ihr seelenlosen, selbstverliebten Kotzbrocken.

Ihr habt mich abgehängt. Restlos.

Entscheidung

Bedingt durch die Covid-19 Pandemie, habe ich zu meinen erwachsenen Kindern bereits seit vielen Wochen nur telefonischen Kontakt. Gerade jetzt ist die große Tochter schwanger und wird im August ihr erstes Kind gebären. Sie wird dies aller Voraussicht nach wohl auch ohne Unterstützung ihres Freundes machen müssen. Der darf bestimmt nicht mit dabei sein.

Mein Auto ist derweil voll mit Kartons in denen unzählige Stücke Kinderwäsche darauf warten wieder getragen zu werden. Hinzu kommt noch ein Kinderbett und diverses Spielzeug. Ich wollte ihr das bereits im März gebracht haben. Dann kam besagte Pandemie mit allen Auswirkungen. Das Risiko, sie anzustecken, war mir einfach zu groß. Jetzt ist es aber, gemessen an den Fallzahlen und meiner strikten Selbstisolation, ein für mich haltbares Risiko.

Morgen also werde ich die knapp 100 Kilometer angehen und die wichtigen Dinge abgeben. Die Freude auf beiden Seiten ist groß und wir werden unsere ganze Energie für den Abstand brauchen. Das ist echt eine Herausforderung.

Genauso, wie die Entscheidung, dass unsere jüngste Tochter an dem wöchentlich stattfindenden Unterricht doch teilnimmt. Wir waren erst strikt dagegen. Nachdem aber das Konzept der Schule wirklich gut gemacht ist und funktioniert, auch die Fallzahlen hier bei uns auf einem erquicklich niedrigen Stand sind, haben wir uns dafür entschieden.

Dass wir uns um solche Dinge in einer derartigen Form Gedanken machen müssen, wer hätte das gedacht?

Homeschooling

Seit Wochen sind die Schulen mit gutem Grund geschlossen. Die Kinder müssen zu Hause von den Eltern bei den Aufgaben unterstützt werden. Für viele Eltern ist das eine ungemeine Belastung und führt durch die Fülle an Aufgaben zu immenser Anspannung. An dieser Stelle möchte ich eine Lanze für unsere Schule brechen.

Die Lehrer haben sich zusammengesetzt, virtuell natürlich, und sich Gedanken gemacht. Die Digitalisierung ist hier, wie bei vielen anderen Schulen, im Grunde nie ein Thema gewesen. Deswegen war es schlicht nicht möglich, von heute auf morgen ein entsprechendes Programm aufzubauen.

Die Aufgaben der Kinder kamen dann, in Abstimmung mit den Eltern, per E-Mail. Wer keinen Drucker zur Verfügung hatte, konnte die Arbeitsblätter auch per Post erhalten. Viele Aufgaben aber waren schon in den entsprechenden Arbeitsheften enthalten. Zum Beispiel konnten die Kinder sich ein Buch ihrer Wahl aussuchen, mit dem sie dann lesen üben sollten. Es gab in Französisch eine Lektion über den Senegal, in der im Internet ein Video und ein Text zu lesen waren (auf Deutsch), danach sollten Fragen beantwortet werden. Es gab auch eine Geschichte aus dem Senegal, die die Kinder bereits als Heft vorliegen hatten. Zusammen aus diesen Materialien wurden Fragen beantwortet, Vokabeln gelernt und ganz nebenbei viel über Senegal.

Für Sport sollte Jonglieren mit Bällen geübt werden. Mathe fand nur im Arbeitsheft statt. Es gab viele, viele Wiederholungen, um das Wissen zu festigen. Nur in Deutsch mussten neue Regeln auswendig gelernt und im Arbeitsheft angewendet werden. Alles in allem waren die Aufgaben durchgehend so dosiert, dass die Kinder nicht überfordert waren. Natürlich wurde in den Wochen nicht so gelernt, wie in der Schule.

Jetzt kommt aber das große Aber! Wir konnten hier an unserer Tochter eine Veränderung feststellen. Sie übernahm und übernimmt immer noch, die Verantwortung für ihre Schulaufgaben. Alles wird selbstständig erledigt, nur da wo Hilfe nötig ist, kommt sie von selber. Von der Klassenlehrerin haben wir auch positives Feedback bekommen. Es ist ein Reifeprozess vollzogen worden, der vermutlich unter anderen Umständen, anders verlaufen wäre. Wissen können wir das nicht zu 100%, aber wir sehen mit Wohlwollen, was bei dem pubertierenden Kind vor sich geht.

Nach dem die Kinder jetzt zwei Mal zu jeweils 4 Stunden (wöchentlich 1 Tag) in halbierten Klassen in der Schule waren, hat die Lehrerin auch den Eindruck, dass es den Kindern durchweg gut geht. Sie kommen mit der Situation besser zurecht, als von der Schulleitung angenommen wurde.

Es gibt sich noch, die positiven Meldungen.