Auf Seite 5 der aktuellen Print-Ausgabe von „Die Zeit“ geht es in einem kurzen Artikel über die Streitkultur im Netz. Es wird über den Rückzug zweier Politikerinnen aus Facebook berichtet. Die beiden sind mit dem Medium Internet „groß“ geworden, umso mehr fragt sich der Autor, wie wir denn noch im Netz diskutieren und streiten können. Die unfassbare Anzahl von Hassnachrichten und Morddrohungen hat sie die Entscheidung treffen lassen.
Ich bin mir unsicher, ob es überhaupt eine Streitkultur in einem mehr oder weniger anonymen Umfeld geben kann. Der Rand wird laut, wenn er sich geschützt und unerkannt äußern kann. Selbst die Partei, die sich genau so aufbauen wollte, ist damals an der internen Streitkultur mehr oder weniger zerbrochen.
Weiterhin halte ich es für kritisch seinen Standpunkt innerhalb von Internet-Plattformen zu reflektieren. Die Gefahr, dass man sich in einer noch intensiveren, fokussierteren Filterblase als in seinem Familien- und Freundeskreis befindet, ist groß. Wenn eine Meinung nicht genehm ist, kann man sich im Schutze der Anonymität entfreunden, entfolgen oder einfach muten.
Diskutiere ich mit meinen Verwandten und Freunden, kann ich mich der Meinung der Anderen nicht einfach entziehen. Und wir haben hier schon viele, viele Streitgespräche geführt. Die Meinungen innerhalb des Freundeskreises sind nie gleich. So kenne ich das zumindest. Deswegen gibt es für mich keinerlei Grund, auch nur ansatzweise im Internet über die großen Fragen unseres Lebens, unserer Gesellschaft zu streiten, zu diskutieren. Frühere Versuche endeten alle ohne weitere Erkenntnisse.
Der Autor des Artikels in „Die Zeit“ fragt auch, wo wir uns denn noch streiten können. Na, ganz einfach. Im direkten Umfeld mit der Familie, mit den Freunden. Und mit einer durch weiteres Wissen ausgebauten und gefestigten Meinung, kann man Stück für Stück weitere Menschen abholen (oder mit ihnen streiten). Aber wahrscheinlich nicht auf Facebook, Twitter oder Instagram.