Ich versuche hier eine akzeptable Position zu finden. Eine, mit der ich, das Papier und die Tinte zurecht kommen. Es ist nicht einfach etwas auf das Papier zu bringen, wenn der eigene Schatten der Hand die Schrift verdeckt, die Spitze des Füllfederhalter in sich aufnimmt und das Werk nur erahnt werden kann.
Das ist der Nachteil dieser modernen Schreibtischlampe. Sie leuchtet nur einen kleinen Teilbereich schattenfrei aus. Ihr Spot möchte sich auf das naheliegende konzentrieren, aber meine Hand ist halt nicht das, was ich sehen möchte. Ich möchte das sehen, was im Schatten halb verborgen liegt. Dafür muss ich die Lampe hin und her rücken, ihr den Hals verbiegen, an dem der kleine Spot angebracht ist, um endlich zu sehen, was Kopf, Hand, Feder und Tinte auf das Papier fließen lassen.
Damit das einwandfrei funktioniert, steht sie nun beinahe an meiner Nase und leuchtet von der linken Seite das Papier aus. Das ist soweit ganz gut, aber unter einer ordentlichen Sichtfläche verstehe ich etwas anderes. Denn je weiter die Hand mit dem Text nach unten wandert, desto mehr Text gewordene Gedanken verschwinden oben wieder in den Schatten.
Ich fühle mich dabei wie einer dieser Schreiberlinge, die ihre Pamphlete in dunklen Kammern unter dem Dach, im Schein rußender, stinkender Kerzen verfassen mussten. Doch deren Problem damals war gewiss nicht die Position der Kerze, sondern die politische Position, die sie vertraten und in Traktaten auf Papier brachten.
Anders als diese, habe ich heute nicht zu befürchten, wegen der Offenlegung meiner eigenen Position am Galgen zu enden. Ich schiebe hier nur die Lampe hin und her und leuchte das Papier bestmöglich aus. So wie die Positionen der einfachen Antwortgeber heutzutage. Man muss sie ausleuchten, hinterfragen und mit der Wahrheit aus den Schatten treiben.
Von der Flamme der Kerzen hat sicherlich mal das eine oder andere Papier gebrannt, innere Hitze hat manchen Verteidiger der Freiheit an den Galgen gebracht, doch erst die menschenverachtende Ideologie des Nationalsozialismus hat es fertig gebracht, innerhalb einer aufgeklärten Gesellschaft Menschen zu Millionen zu entrechten, verschleppen und am Ende zu ermorden. Vieles lag daran, dass die Positionen nicht klar bezogen wurden, die Schatten zu lange nicht ausgeleuchtet waren und wir uns als Gesellschaft damit zufrieden erklärten. Dann brannten die Bücher und mit ihnen die Freiheit als Gedanke in den Köpfen.
Damit das nicht wieder passiert müssen wir unsere kleinen Lampen zusammenbringen, sie gemeinsam in die dunklen Ecken scheinen lassen und die Positionen der sogenannten Patrioten, besorgten Bürgern und deren Vordenkern, sichtbar machen.
Keinen Fußbreit den Nazis.