Habt ihr manchmal richtig Lust auf eine alte Serie, einen alten Film oder ein altes Buch? Ich habe das ganz oft. Meine Definition von „alt“ bei Filmen fängt in den 1920er-Jahren an und hört Mitte der 1980er auf. Bei Büchern kommt es nicht auf Erscheinungsjahr des Buches an, sondern wann ich es gelesen habe. Um die Kinderbücher auszuklammern, denke ich, gelten hier die Jahre ab Mitte 1980 bis Ende der 1990er.
Die Lust ist unterschiedlicher Natur. Manchmal beruhigen mich die alten Schinken einfach, weil sie noch nichts von der Komplexität unserer Zeit zu berichten wissen. In diesem Moment schaue ich insbesondere Filme, die mich erheitern, die mich so gefangen nehmen, dass ich alles um mich herum vergesse. Bei Serien ist es dann ähnlich, aber die eignen sich für mich nicht so zum Entspannen. Bücher sind im Grunde immer entspannend. Lesen an sich ist für mich das, mit dem ich meinen Puls immer herunterfahren kann. Auch wenn ich überwiegend Krimis oder Thriller lese.
Wenn ich die Dinge so angehe, konsumiere ich sie wirklich. Manchmal passiert es mir aber, dass ich die Medien gar nicht wahrnehme, während ich sie ansehe oder lese. Sie finden nicht vorn im Kopf statt, sondern irgendwo hinten, im Nebel. Ich höre und sehe sie, aber ich folge der Handlung nicht. Meine Gedanken sind abgeschweift. Was auch immer ich gerade versuche zu konsumieren, hat etwas in meiner Erinnerung losgetreten. Ich erinnere mich an Situationen, an Menschen oder Orte, aus meiner Vergangenheit. Ganz oft schwelge ich dann in dem weichen Stoff der schönen Erinnerungen. Der Film läuft weiter, aber der in meinen Gedanken ist präsenter, findet ganz vorn auf der Leinwand statt. Das Ergebnis ist auch Beruhigung, aber auf eine andere Art und Weise.
Vielleicht ist die Lust auf alte Dinge gleichzeitig die Lust auf gewohnte Situationen, auf erlebte Momente und liebe Menschen. Ich könnte für mich jetzt nicht festlegen, was von beiden ursächlich ist. Das ist im Grunde auch egal. Wichtig ist doch, dass ich in der Lage bin, die Vergangenheit noch einmal zu erleben. Denn danach passiert es nicht selten, dass ich diese Erinnerungen neu bewerten kann, oder mir eingestehen muss, dass ich nicht sicher bin, ob mein Kopf mir etwas vorgaukelt, das es so nie gegeben hat. Das heißt, aus den Erinnerungen an die Vergangenheit erwachsen neue Erkenntnisse, neues Wissen und neue Lücken.