Gestern Abend saß ich am Schreibtisch und hing meinen Gedanken hinterher. Vor mir lag ein Notizbuch, wobei, Notizbuch trifft es nicht ganz richtig, fasst es doch eher ganzheitliche Gedanken auf, dazu ein Mäppchen mit diversen Stiften. Mein Blick verweilte auf ebendiesem Mäppchen und dem üppigen Inhalt.
Stifte über Stifte. Alle Arten, die zum Schreiben von Texten auf Papier mindestens einmal herhalten mussten. Teils nur kurz ausprobiert, teils schon recht kurz gespitzte Bleistifte liegen Schaft an Schaft mit frisch gefüllten Kolbenfüllern und Tintenrollen. Radiergummi sowie Anspitzer fehlen natürlich auch nicht. Aus dem aufgeklappten Buch lacht ein oft benutztes Löschpapier mit seinen Tintenklecksen aufmunternd in meine Richtung. Ich bin abermals unschlüssig. Welcher Stift ist es heute, der meine Gedanken auf das Papier überträgt?
Ich nehme einen der Tintenroller, den mit dem dünneren Schaft und dickeren 1 mm Mine, aus dem Stoffmäppchen und fange an, die schwarze Tinte auf das Papier laufen zu lassen. Aber sie läuft nicht. Es fühlt sich an, als wenn ich das runde Ende der Mine durch Wackelpudding führen müsste. Die Tinte scheint etwas dickflüssig zu sein, oder sie hält sich am Stift fest. Ich halte inne und schaue den Stift genau an. Kurzentschlossen schraube ich ihn auf und entnehme die Mine. Leicht pikiert, aber nicht sonderlich überrascht, schaue ich auf meine in der Folge mit Tinte beschmierten Finger. Typisch. Das gehört vermutlich einfach dazu. Ein genauerer Blick auf das untere Ende der Mine offenbart, dass dort Tinte ausgetreten ist. Da ich weiß, dass diese Minen mit Druck gefüllt sind, erklärt sich der eher schleichende Tintenfluss auf das Papier. Die Mine ist undicht. Umgehend öffne ich die Schublade rechts von mir und suche in dem Ersatzmaterial. Die Schubladen in diesem Schrank sind prall gefüllt mit allerlei Dingen, die für Schreibgeräte gedacht sind. Minen, Patronen, Tintenfässer, Trennscheite für Ordner, Briefumschläge nebst Briefmarken, loses Schreibpapier und unzählige DIN A5 Schreib- und Notizbücher oder Hefte.
Während ich als nach Ersatz suche, fällt mir ein, dass ich vom selben Hersteller noch eine andere Serie mit Tintenrollern besitze. Ich schließe die Schublade und wühle im Mäppchen. Zwei silber-schwarze, etwas dickere Stifte, liegen nach wenigen Sekunden vor mir. Auch diese schraube ich auf und prüfe die Dichtheit sowie die Angaben auf der Mine. 0,7 mm und schwarze Tinte. Eine Nummer dünner als die 1 mm Mine, aber o. k., gerade noch so für mich zu benutzen, dass mein Schriftbild nicht dieses krakeligen Durcheinander erhält, wie der wilde Bart von Catweazle einst. Dann öffne ich doch noch einmal die Schublade und suche eine weitere Mine gleicher Bauart heraus. Diese stecke ich in den Stift mit dem dünneren Schaft, lege die anderen beiden vorerst zu Seite und lege los.
Am Ende des Abends finde ich vier beschriebene Seiten wieder, auf denen ich mich über meine Unfähigkeit auslasse, mich für einen Stift, oder zumindest für eine Sorte, zu entscheiden. Ich wanke jedes Mal zwischen Tinte, Tintenroller oder Grafit. Vielleicht, so kommt mir zwischendurch der Gedanke, ist die Art des Stiftes am Ende nur ein Ausdruck meines Zustandes, meines Gefühls oder auch der Gedanken, die aus dem Kopf auf das Papier wollen. Oder alles zusammen. Im Ergebnis der Gedanken dazu, habe ich im letzten Absatz tatsächlich festgehalten, dass es dieser Stift, der eben jene Seiten überwiegend beschrieben hat, die Wahl der nächsten Wochen sein soll. Gleichwohl, ich weiß, dass ich sicherlich scheitern werde.