Wenn es um die Erziehung geht, habe ich nichts weiter als meine praktische Erfahrung vorzuweisen. Bei unserem Nesthäkchen habe ich das Gefühl, wir haben vieles richtig gemacht. Einiges sicherlich immer noch durch Zufall, anderes allerdings aufgrund der eigenen Lebenserfahrung. Wir selbst waren als Eltern reif genug. Das hat ungemein geholfen.
Ein Kind hat Wünsche, Bedürfnisse und eine ungezähmte Neugierde. Wir haben versucht, uns bewusst zu machen, wie so ein Kind denn die Welt sieht, wahrnimmt und dann aus ihr lernt. Die Neugierde zu begrenzen, einzuengen, indem man harte Grenzen zieht, ist in unseren Augen nicht der optimale Weg. Natürlich haben wir alle unsere Rahmenbedingungen, die aus der eigenen Vorstellung einer bestmöglichen Welt entstanden sind. Vermutlich agieren wir in der Erziehung weitestgehend innerhalb dieser Bedingungen. Um besser zu werden als wir sind, damit diese Chance besteht, müssen diese Rahmen aber auch angepasst werden. Dinge ändern sich, die Welt dreht sich weiter. Im Grunde geht es weitestgehend darum, die eigenen Ängste zu besiegen und nicht auf das Kind zu übertragen. Für mich kann ich sagen, dass ich vieles aus meiner eigenen Erziehung sehr genau hinterfragt habe und noch mehr davon nicht für das Kind übernahm. Wir wollten doch besser werden.
Ein „Nein“ ist eine harte Grenze. Meistens. Es gibt viele davon. Um es besser zu machen, um eben nicht sofort in diesen Grenzzaunmodus zu kommen, ließen wir von Anfang immer Optionen in unsere Argumente einfließen. Wir wollten doch die Neugierde wachhalten, fördern und im besten Fall mit gutem Wissen auffüllen. Dazu gehörte auch eine gewisse Vorausschau.
Ich versuche ein Beispiel: »In meiner Kindheit trafen meine Eltern vollkommen unvorbereitet auf die ersten Spielecomputer (C64, Atari) und Konsolen. Das hat zu enormen Diskussionen geführt, die oftmals in einem diktatorischen NEIN endeten. Damit wir nicht später vor dem gleichen Problem stehen, versuchten wir abzuschätzen, was da so kommen wird. Computer gehörten und gehören schon immer zu unserem Haushalt. Hinzu kamen dann die Smartphones und mit dem iPhone wurde diese Entwicklung ganz offensichtlich. Also fingen wir früh an, genau dazu Wissen zu vermitteln, Dinge wir Sicherheit, Nutzung und Privatsphäre in unsere allgemeine Erziehung einfließen zu lassen. Wir wurden dafür von einigen Leuten für, nun, seltsam erklärt. Als es dann aber so weit war, dass diese Geräte zur Nutzung das Interesse bei der Tochter weckten, gab es keine Diskussionen. Es gab ein paar Hinweise. Mehr nicht. Ich erinnere mich noch genau, wie Eltern aus dem Freundeskreis vollkommen überfordert auf das plötzliche Interesse ihrer Sprösslinge reagierten. Es gibt da Geschichten über Kontrollen, Verbote und komplettes Versagen, dass es mich schüttelt. Unser „Trick“ war lediglich frühzeitig zu agieren und die Neugierde mit Wissen zu füllen.«
Es ist natürlich kein Patentrezept, aber es hat in unserem Fall mehrfach funktioniert. Vertrauen ist der wichtige Punkt. Das kann man aufbauen und seine eigenen Ängste als Eltern damit ausschalten. Kinder haben keine Angst, die wollen lernen, anfassen, spielen, nutzen. Solange es Optionen gibt, ist das machbar. Neben all den Optionen war es uns aber auch wichtig, vorzuleben. Kinder ahmen nach. Manches bleibt hängen, manches halten sie für doof, aber hey, wir sind die Eltern, die Vertrauenspersonen, es bleibt mehr hängen, als uns selbst im ersten Moment klar ist. Wir haben hart an uns selbst gearbeitet. Viele Begriffe, die wir in unserer Kindheit lernten, einfach vermieden, weil uns klar war, dass diese rassistisch oder sexistisch sind.
In diesem Jahr wird dieses wunderbare Wesen 16 Jahre alt. Für uns ist es Zeit, die elterlichen Leinen zu kappen, weil das Leben einen jungen Menschen ruft. Das Leben wird Turbulenzen haben. Es werden Dinge zu Bruch gehen. Es wird Tränen geben. Es wird gelacht werden. Mit all diesen Erfahrungen wird es weitergehen. Egal, was kommt. Da sind wir uns sicher und haben volles Vertrauen. Wir alle in einander. Das ist der wichtigste Punkt, wenn die Leinen losgemacht werden.
@westsideblogger hach. ja, so. wurzeln und flügel. bisher finde ich beim fast vierzehnjährigen auch, dass das zuschauen beim wachsen und flügge-werden freude macht. ich wünsche euch, dass ihr weiter eine gute und vertrauensvolle beziehung habt! 💜
Vielen Dank! Euch auch weiterhin viel Spaß beim »Werden lassen«. 💖
@westsideblogger und ich kann mich noch so gut an den Meter erinnern 🥰
Oh ja! 😍