Empfindung

N***r sei für ihn kein rassistischer Begriff. Den benutze er schon so lange, da könne er keinen Rassismus finden, weil er ja auch keinesfalls Rassist sei. Mein Einwand, dass es sehr wohl ein rassistischer Begriff sei, wollte er nicht gelten lassen, weil er das ja nicht so empfindet. Er denke bei dem Begriff nicht an Menschen mit schwarzer Haut, die ja auch nicht schwarz sei, sondern eher braun.

Vermutlich empfindet er Braun als eine angenehmere Farbe und sein Gehirn verbindet damit etwas Gutes. Deswegen wohl auch EmpfinDUNG.

Detox

Kalender, 2020 mit Bleistift

Detox ist für mich ein Modebegriff, der zu verschiedenen Themen eingesetzt wird. Einmal ist damit die körperliche Engiftung gemeint, bei der es z.B. um Alkoholverzicht geht, oder eine besondere Art der Ernährung. Aber auch der Begriff „Digital-Detox“ meint eine Art Entgiftung, auch wenn es eigentlich um Verschlankung, Veränderung von Verhalten und Nutzung hinsichtlich digitaler Inhalte oder Programme geht.

Ich mache das auch immer wieder gerne. Wenn einen der Beruf und auch die privaten Interessen mit digitalen Dingen verbinden, fällt es oftmals nicht auf, wie verheddert man bereits ist in Apps, Diensten, Abos oder auch nur bestimmten Routinen, die sich angesammelt haben. Allerdings ist das kein Detox in dem Sinne, dass ich mir selber eine Auszeit vom Internet verschreibe. Das wäre in meinen Augen auch Unsinn. Die Welt funktioniert so nicht mehr.

Was ich mache, ist meinen Umgang mit bestimmten Dingen zu betrachten, zu bewerten und dann entsprechende Maßnahmen einzuleiten. Zum Beispiel habe ich alle Abos für Apps auf dem Smartphone gekündigt, bis auf exakt zwei, die ich wirklich regelmäßig einsetze.

Ich gehöre dummerweise zu denjenigen Nutzern, die erstmal alles ausprobieren müssen, schnell begeistert sind und dann enttäuscht die App löschen, den Dienst nicht mehr benutzen. Manchmal stellen sich die konkreten Nachteile bestimmter Anwendungen auch erst wesentlich später heraus. Selbst ich, der ich mich beruflich viel mit Datenmigration und Anpassbarkeit auseinandersetze, falle immer wieder auf Versprechen der Hersteller herein. Das ist wohl eine Art private Resistenz bei mir.

Deswegen mache ich einmal im Jahr (bei Bedarf auch öfter) eine Bestandsaufnahme. Über die letzten 4 Jahre habe ich gemerkt, dass es immer weniger wird. Das war auch mein erhoffter Effekt. In diesem Jahr möchte ich aber einen Schritt weitergehen.

Bisher habe ich meine Daten (Kalender, Erinnerungen, Adressbuch, Bilder, Anwendungsdaten) über die Cloud mit meinen Geräten synchronisiert. Das möchte ich nun nicht mehr. Im Grunde brauche ich die Daten nur und ausschließlich auf dem Smartphone. Und dort sollen die Daten nun auch bleiben. Es handelt sich hierbei ja um meine privaten Daten, beruflich sieht das anders aus und wird so oder so durch das Unternehmen vorgegeben.

Geblieben sind aktuell als Anwendungen auf dem Smartphone Scanbot Pro und Evernote Premium. Damit scanne ich alle Unterlagen die mit der Post hier hereinflattern. In Evernote lege ich sie ab. Ich möchte keine Papierordner mehr. Ja, Evernote ist böse. Aber praktisch. Ich mache hier bewusst die Augen zu. Ich arbeite aber auch an einer Veränderung diesbezüglich.

Nachtrag: Dass das hier jetzt am Jahresanfang kommt, ist reiner Zufall und keine Geschichte von Vorsätzen oder so.

Positionen

Ich versuche hier eine akzeptable Position zu finden. Eine, mit der ich, das Papier und die Tinte zurecht kommen. Es ist nicht einfach etwas auf das Papier zu bringen, wenn der eigene Schatten der Hand die Schrift verdeckt, die Spitze des Füllfederhalter in sich aufnimmt und das Werk nur erahnt werden kann.

Das ist der Nachteil dieser modernen Schreibtischlampe. Sie leuchtet nur einen kleinen Teilbereich schattenfrei aus. Ihr Spot möchte sich auf das naheliegende konzentrieren, aber meine Hand ist halt nicht das, was ich sehen möchte. Ich möchte das sehen, was im Schatten halb verborgen liegt. Dafür muss ich die Lampe hin und her rücken, ihr den Hals verbiegen, an dem der kleine Spot angebracht ist, um endlich zu sehen, was Kopf, Hand, Feder und Tinte auf das Papier fließen lassen.

Damit das einwandfrei funktioniert, steht sie nun beinahe an meiner Nase und leuchtet von der linken Seite das Papier aus. Das ist soweit ganz gut, aber unter einer ordentlichen Sichtfläche verstehe ich etwas anderes. Denn je weiter die Hand mit dem Text nach unten wandert, desto mehr Text gewordene Gedanken verschwinden oben wieder in den Schatten.

Ich fühle mich dabei wie einer dieser Schreiberlinge, die ihre Pamphlete in dunklen Kammern unter dem Dach, im Schein rußender, stinkender Kerzen verfassen mussten. Doch deren Problem damals war gewiss nicht die Position der Kerze, sondern die politische Position, die sie vertraten und in Traktaten auf Papier brachten.

Anders als diese, habe ich heute nicht zu befürchten, wegen der Offenlegung meiner eigenen Position am Galgen zu enden. Ich schiebe hier nur die Lampe hin und her und leuchte das Papier bestmöglich aus. So wie die Positionen der einfachen Antwortgeber heutzutage. Man muss sie ausleuchten, hinterfragen und mit der Wahrheit aus den Schatten treiben.

Von der Flamme der Kerzen hat sicherlich mal das eine oder andere Papier gebrannt, innere Hitze hat manchen Verteidiger der Freiheit an den Galgen gebracht, doch erst die menschenverachtende Ideologie des Nationalsozialismus hat es fertig gebracht, innerhalb einer aufgeklärten Gesellschaft Menschen zu Millionen zu entrechten, verschleppen und am Ende zu ermorden. Vieles lag daran, dass die Positionen nicht klar bezogen wurden, die Schatten zu lange nicht ausgeleuchtet waren und wir uns als Gesellschaft damit zufrieden erklärten. Dann brannten die Bücher und mit ihnen die Freiheit als Gedanke in den Köpfen.

Damit das nicht wieder passiert müssen wir unsere kleinen Lampen zusammenbringen, sie gemeinsam in die dunklen Ecken scheinen lassen und die Positionen der sogenannten Patrioten, besorgten Bürgern und deren Vordenkern, sichtbar machen.

Keinen Fußbreit den Nazis.

An Tagen wie diesen

Es ist Sonntag. Der letzte Tag der vergangenen Woche. Ein Tag vor dem Start einer neuen Woche. Was mache ich mit diesem Tag? Die FamS* und Tochter werden heute zu Freunden gehen, um dort bei Glühwein den Laternenumzug anzusehen. Ich habe keine Lust. Ich habe keine Lust auf der Straße zu stehen, Glühwein zu trinken und Kinder mit Laterne anzugucken. Das habe ich in den vergangenen Jahren viel zu oft, verpflichtend, machen müssen.

Was also mache ich heute? Ich werde mir später die Badewanne füllen, nach dem Bad einen Tee aufgießen und mich mit meiner Wochenzeitung in den Sessel verziehen. Vielleicht auch sogar ins Bett. Ich merke, es geht in den Endspurt für 2019. So langsam machen sich die letzten Monate bemerkbar, ich fühle mich ausgepowert und brauche dringend Ruhe und Zeit mit mir. Die nehme ich mir heute. Und dann immer an Tagen wie diesen. Weil ich dann an das hier denken kann:

Nordstrand auf der Insel Norderney in der Nordsee, Blickrichtung Meer.
Nordstrand Norderney von den Dünen aus gesehen.

*FamS = Frau an meiner Seite

Von Hühnern und Plänen

Vor etwas mehr als einem Jahr schmiedeten wir den Plan, nach den Bienen auch Hühner zu halten. Hühner, so lasen wir, sind im Grunde sehr einfach zu halten. Ein befreundeter Züchter gab hier und dort auch noch ein paar praktische Tipps. Dann fühlten wir uns bereit und fingen ganz naiv an.

Zuerst beschafften wir uns einen Stall Wir wollten drei Hühner. Der Stall ist für bis zu sechs ausgelegt, was ich allerdings angesichts der Platzverhältnisse für nicht machbar halte. Weiterhin wurde ein mobiler Zaun gekauft. Ich glaube, der hat ca. 80 Meter, bin ich mir heute aber nicht mehr 100% sicher. Der Zaun kam in einem großen Radius um den Stall und sollte das scharrende Vieh im Auslauf begrenzen.

Auf einer Hühnerfarm bei Duisburg kauften wir dann drei Hühner. Ein Leghorn und zwei Sussex. Das Leghorn, so sagte der Züchter uns, sei in der Regel aktiver und frecher als die beiden Sussex. Sussex gelten als Anfängerhühner. Auch legt das Leghorn im Schnitt mehr Eier im Jahr. Tatsächlich legt es wirklich mehr Eier. Aufgrund seiner ständigen Aufgeregtheit nennen wir es das „ADHS-Huhn“.

Am Tag 1 waren wir aufgeregter als die Hühner. Die hatten sich nach ca. 2h an ihre neue Heimat gewöhnt und guckten sich alles in Ruhe an. Nach 2 Tagen flatterte das Leghorn das erste Mal über den Zaun. Nach 4 Tagen fanden die anderen beiden heraus, wie man aus dem Gehege ausbrechen konnte. Ich schaute meine Frau an und sagte: „Es wird so kommen, dass du deine Beete abdecken wirst und der Zaun verschwindet.“ Sie lachte. Noch.

Nach 14 Tagen gab sie auf und schaffte den Zaun ab. Es war immens mühselig ständig die Flüchtlinge einzufangen. Seitdem laufen die drei Damen glücklich und frei durch den kompletten Garten. Bei knapp 1800qm haben sie da auch was zu gucken. Am liebsten sind sie in den Gebüschen unter den Bäumen.

Der Plan, ein gezieltes Gehege zu schaffen, ging fürchterlich schief. Die Hühner kommen überall hin, sie folgen uns und sie sind zutraulich. Wenn wir den Arm hinhalten, springen sie wie auf eine Stange darauf. Manchmal will auch eins auf den Schoß, wenn wir gerade auf der Terrasse sitzen. Außer das ADHS-Huhn, das ist ein richtiger Angsthase. Dafür springt es wagemutig von der Terrasse nach unten und flattert dabei wild. (Wir wohnen Hochparterre.)

Es ist spaßig mit ihnen und keiner hier will Hühner missen. Vor allem weil wir seitdem kein einziges Ei mehr gekauft haben. Mittlerweile meiden wir auch Eier in z.B. Restaurants oder beim Frühstück im Hotel. Da sind wir jetzt sehr verwöhnt. Der Plan mit den eigenen Eiern ist damit voll aufgegangen.

Lesen

In der letzten Nacht las ich ein Buch in einem Rutsch durch. Es war nicht besonders lang, ca. 180 Seiten, teilweise nicht ganz beschrieben. Trotzdem eine Distanz, die ich in den vergangenen Monaten nicht geschafft hatte. Meistens war nach spätestens 20 Seiten schon Schluss. Nach gestern glaube ich die Gründe dafür zu kennen.

Vor etwas mehr als 6 Monaten kaufte ich mir, nach langer Verweigerungsphase, einen E-Reader. Das vollgestopfte Bücherregal und die immer dicker werdenden Taschen auf Reisen, rangen mir den Kauf ab. Und ja, ich war verwundert bis begeistert, wie dieses kleine Ding angenehm zu lesen war. In der Nacht brauchte ich kein extra Leselicht, es lagen nicht mehr diverse Bücher auf dem Nachtschrank.

Doch dann fingen die Dinge an sich zu verändern. In den digitalen Werken fanden sich zu Haufe Fehler. Teilweise hatte ich das Gefühl, die Texte seien vor dem Korrekturlesen bereits veräußert worden. Fehler in Büchern ärgern mich ungemein. Aus Büchern lerne ich Wörter die meinen Wortschatz erweitern. Wenn diese dann falsch geschrieben sind, ist das umso ärgerlicher.Auch fing ich an diverse Bücher parallel zu lesen. Einfach weil es ging. Die Aufmerksamkeitsspanne sackte rapide ab.

Gestern aber nahm ich ein echtes Buch aus Papier mit Hardcover-Einband in die Hand. Es war nicht aus einer anderen Sprache übersetzt und glänzte im Rhythmus der Erzählkunst des Autors. Es roch druckfrisch und knisterte leise beim Umblättern, während sich die Buchstaben im satten Schwarz auf den chamoisfarbenen Seiten präsentierten. Die eigene Welt wurde in die Zeilen gesogen, aufgenommen, als wenn die Nacht und ich ein Teil all dessen gewesen wären.

Und kein Warnhinweis erinnerte an den bald erschöpften Akku.

Scharren

Scharren, picken, scharren, picken… So geht es den ganzen Tag da draußen, seit dem wir die drei Hühner angeschafft haben. Und das war sicher nicht die schlechteste Idee, die wir hatten. Sie sind im Grunde sehr pflegeleicht. Natürlich muss man den Stall säubern. Das machen wir täglich. Ist dann auch keine Arbeit. Altes Stroh raus, Hühnerkacke die nicht im Stroh liegt abkratzen, neues Stroh rein.

Im Sommer haben wir auf die Schublade unter den Stangen Zeitung gelegt. Aber im Winter ist so ein Haufen Stroh sicherlich bequemer und wärmer. Je nach Temperatur legen sich die Drei aneinander gekuschelt in das Stroh. Bis die Sonne aufgeht, dann wird es laut im Stall. Sie wissen ganz genau wie man sich verständlich macht. Einer von uns steht dann auf, öffnet die Stalltür und füllt Futter nach.

Dann geht so weiter: Heidi, das ist eines der Sussex-Hühner, rennt in das neu auserkorene Nest und legt ein Ei. Die anderen laufen derweil umher und suchen die feuchte Wiese nach weiteren Leckereien ab. Danach geht dann entweder Colette oder Rosalie in das selbe Nest und legt ein Ei. Rosalie ist ein Leghorn. Laut Züchter legt diese Rasse mehr Eier als die beiden Sussex. Das können wir so bestätigen. Sie ist früher angefangen und legt im Schnitt einfach mehr Eier. Die beiden Sussex machen schon mal Pause.

Lustig ist es, wenn die drei Damen sich ein neues Nest suchen. Wir haben dafür auch knapp 2000 Quadratmeter zur Verfügung… Vieles davon ist mit Gebüschen und Bäumen bewachsen. Im Unterholz nach Eiern zu suchen, ist wie mehrfach im Jahr Ostern zu haben. Manchmal finden wir tagelang keine Eier, aber dann plötzlich eine Stelle mit 12 oder mehr Eiern. Das kommt in der Form zum Glück selten vor.

Es ist aber schon so, dass wir die Eier nicht alleine verbrauchen können. Der ältere Herr von gegenüber kommt ganz oft an den Zaun, ruft die Hühner und schmeißt etwas für sie rüber. Der kriegt regelmäßig das eine oder andere Ei für sich und seine Frau. Er hatte in jungen Jahren selber 150 Hühner auf seinem Hof. Er kann auch gute Tips aus seiner Erfahrung geben.

Die Hühner rennen den ganzen Tag frei umher. Dabei sind natürlich auch ein paar der Kräuter dem unstillbaren Hunger zum Opfer gefallen. Basilikum ist wohl nicht nur gesund, sondern auch beliebt. Im Sommer findet eine halbe Melone regen Anklang und auch Paprika werden nicht verachtet. Letztens habe ich festgestellt, dass getrocknete Datteln großartig sind.

Das ist Colette:
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Das ist Rosalie:
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Und nun Heidi:
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Der Tag des Einzugs in den neuen Stall:
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Neugieriges Gucken:
Hühner am Stall

Verbot – Update

Eine Kita bittet die Eltern, auf Stereotype Kostümierung der Kinder zu verzichten. Kann man machen. Haben sie denn auch den Cowboy als Verzicht empfohlen? Den Piraten? Die Prinzessin?

Sind alles mit eindeutigen Klischees besetzte Kostüme. Der Cowboy wird ja mit der Invasion Nordamerikas und der damit verbundenen Entrechtung, Vertreibung und Massentötung der Ureinwohner in Verbindung gebracht. Das waren übrigens unter anderem die Indianer, als die man sich nach Auffassung der Kita-Leitung nicht mehr verkleiden sollte.

Genauso wie man beschlossen hat, aus den alten Büchern die sich noch einer anderen Sprache bedienten, Wörter wie Neger zu ersetzen. Kann man auch machen. Man hätte aber auch an die Wörter eine Markierung setzen und im Fußtext eine Erklärung dazu geben können. Herkunft und Bedeutung, sowie Benutzung in der modernen Sprache. Aber das wäre ja so etwas wie Aufklärung und Bildung.

Ernsthaft Leute, wir verbiegen und ändern unsere Vergangenheit. Wir drängen die Begriffe aus dem Wissen und damit auch aus dem direkten Kontext, der Bedeutung und der Erinnerung. Die Erinnerung an Rassenhass, Entrechtung und vor allem an die Fehler, die wir gemacht haben.

Das ist sehr kurzsichtig. Ich würde es lieber sehen, dass man den Kindern und Jugendlichen, aber auch den Erwachsenen, die Begriffe erklärt, das Falsche daran erläutert und nicht in Vergessenheit geraten lässt. Wenn wir uns nicht im Klaren sind was Rassenhass, was Entrechtung oder Genozid bedeuten, wir die Begriffe im Kontext nicht erkennen, öffnen wir weiteren „Fehlern“ Tür und Tor.

Verbote, die auf Empfehlungen solcher Art folgen können, sind für mich an dieser Stelle die Annahme, Kinder wären nicht in der Lage zu begreifen. Als Vater versichere ich euch: Alles was wir Kindern erklären und sie spielerisch erleben lassen, begreifen sie. Vielleicht nicht heute, aber sie werden sich an die Lektionen erinnern, wenn es Zeit ist. Und genau das verhindern wir mit Verboten, die das Erklären nicht mehr vorsehen.

Update: Wie im ersten Absatz behauptet, gab es kein Verbot, sondern die Bitte, auf Stereotype bei der Verkleidung zu verzichten. Deswegen habe ich den Artikel dahingehend überarbeitet.

Sphären absichern

Meine zu sichernde Sphäre ist die Privatsphäre meiner Daten im Internet. Oberste Direktive für mich selber: Nur so viel von mir preisgeben, wie ich es in der Kneipe am Tresen beim Bier machen würde. Da erzähle ich zwar viel, aber sicherlich gebe ich dort nicht die ganz privaten, schützenswerten Dinge von meiner Familie und mir preis.

Wer jetzt nicht weiß, dass man früher in einer Eckkneipe gemütlich beim Bier stehen konnte, hat so oder so ein Erfahrungsdefizit 🙂

Als ich mit dem Internet anfing, also, die ersten Gehversuche mittels Modem an einem Amiga machte, war ich, wie vielleicht viele andere auch, eher unbedarft und euphorisch ob der genialen Technik, den unfassbaren Möglichkeiten der Kommunikationswelt, die sich da eröffnete. Kurz, wir hatten keine Ahnung was wir taten, aber es war sensationell. (Hallo liebe Eltern, die Telefonrechnungen tun mir wirklich heute noch leid!)

Jetzt sind wir
weiter, erkenntnisreicher und vor allem gereifter. Ich versuche mit
den mir gegebenen Mitteln meine Daten zu schützen. Beim Schutz kommt
es letztendlich ja auch auf das Angriffsszenario an, dem man sich
ausgesetzt sieht. Ich bin kein Reporter, kein Whistleblower und auch
kein NGO-Mitarbeiter, der in Autokratien arbeitet. Mein Szenario ist
rein privat.

Online

Was meine Daten nicht weniger schützenswert macht, genauso wie eure, aber die Geschütze die ich auffahren muss, sind erheblich bequemer zu benutzen. Ich benutze kein TOR-Netzwerk, aber in fremden WLAN-Netzwerken IMMER einen VPN-Zugang. Den habe ich mir nicht in meinem Router eingerichtet, sondern eingekauft. Ja, da muss ich dem Anbieter vertrauen, aber diese unterliegen in aller Regel entsprechenden Audits. Ein privates WLAN ganz sicher nicht. Deswegen diese Entscheidung. Ja, mein Router gäbe das auch her, aber da muss ich immer darauf achten, dass meine Geräte auch verbunden sind. Diese Aufgabe habe ich an das VPN-Programm abgegeben. Es gibt dazu auf dem Markt verschiedene Anbieter, mit unterschiedlichen Stärken und Schwächen.

Dateien

Bis vor einiger Zeit habe ich Bilder, die ich mit dem Smartphone geschossen habe, bedenkenlos über die iCloud von Apple synchronisieren lassen. Und ganz ernsthaft: Seit Trump bin ich davon mehr und mehr abgewichen. Heute ist mein Smartphone so eingestellt, dass Bilder verschlüsselt an einen hiesigen Anbieter von Speicherplatz gesendet werden. Für die Verschlüsselung und den automatischen Upload benutze ich Boxcryptor. Das gibt es praktisch für alle Plattformen. Unter Linux habe ich die Portable Version im Einsatz. Das funktioniert ganz wunderbar. Die Bilder werden automatisch in meinen vorgegebenen Ordner auf Mailbox.org geladen. Von dort exportiere ich sie dann unverschlüsselt auf den Rechner.

Was mit Boxcryptor
noch einherkommt, ist Whisply. Mit Whisply kann man über den Browser
Dateien Ende-zu-Ende-verschlüsselt versenden. Leider werden dort
bisher nur die „großen“ Anbieter unterstützt. Aber für genau
diesen Anwendungsfall habe ich einen DropBox-Account. Whisply legt
die Dateien verschlüsselt in die DropBox, ich vergebe noch ein
Passwort oder eine PIN, versende die Datei über Whisply, Passwort
oder PIN über einen Kanal (z.B. Threema, Signal)

Kommunizieren

Für die private Kommunikation nutzt der überwiegende Teil der
Menschen auf diesem Planeten WhatsApp, FaceBook oder WeChat. Ich bin
bei WA und FB weg. Rein aus Datenschutzgründen. Mir war klar, dass
ich damit vermutlich erst mal isoliert bin. Ich kündigte das in WA
an, gab auch das Datum an, an dem ich meinen Account löschen würde.
Dann riet ich allen Kontakten sich für Threema oder Signal zu
entscheiden. Nach einigen Wochen, so 3-8, mehrten sich meine Kontakte
bei Threema und Signal. Mittlerweile benutze ich auch Telegram und
Wire, um allen Freunden und Bekannten gerecht zu werden. Ich versuche
damit von mir aus deren Weggang von WA zu unterstützen. Alles ist
besser als WA. So zumindest mein Standpunkt.

E-Mails kann ich mit Mailbox.org auch ganz einfach komplett
verschlüsselt versenden. Der Vorteil hier ist, dass die
Empfängerseite weder bei Mailbox sein muss, noch muss dort mit PGG
oder GnuPG hantiert werden. Sende ich eine verschlüsselte Nachricht
an einen Empfänger ohne öffentlichen Schlüssel, eröffnet Mailbox
ein verschlüsseltes Postfach für den Empfänger. Ich gebe noch eine
PIN vor, sende diese mittels eines anderen Kanals, und wir können ab
sofort verschlüsselte Mails austauschen. Aber ganz ehrlich: Die
E-Mail ist kaputt. Ich nutze tatsächlich lieber Threema oder Signal
zum Austausch sensibler Informationen

Fazit

Das ist sicherlich für die Hardcore-Kryptografen immer noch sehr
löchrig. Aber ich denke, ich habe damit meine Daten zu einem guten
Teil im Rahmen meiner Fähigkeiten geschützt. Es gilt aber immer
noch der Grundsatz: Will ich nicht, dass bestimmte Daten öffentlich
werden, haben diese im Netz nichts verloren. That‘s easy, isn‘t
it?

Grün

Bei der letzen Landtagswahl waren die Grünen die großen Gewinner. Auch in Hessen zeichnet sich ein super Ergebnis ab. Warum wählen die Menschen plötzlich die Grünen?

Nein, keine Angst, ich habe nicht das Durchhaltevermögen für eine Analyse, die dann sicherlich keinerlei faktenbasierender Auseinandersetzung standhalten wird. Vielmehr ist es einfach nur meine persönliche, naive Meinung, dass hier das kleinste aller Übel gewählt wird.

Halt! Ich will weder die Grünen noch ihr Ergebnis klein oder schlecht reden. Es geht auch gar nicht um deren Politik. Vielmehr denke ich, dass viele Menschen einfach die Schnauze von SPD und CDU voll haben. Anfänglich wollten viele von denen vielleicht mit der AfD abstrafen. Aber das ist sicherlich den meisten Wählern nach der Aufstellung in den äußersten rechten Rand, nicht mehr möglich.

Was also tun? Ein „weiter so“ ist nicht genug, Neoliberalismus verpönt,  Nationalsozialismus geht gar nicht und die Linken sind im Grunde keine wirkliche Option. Bleiben also im Grunde nur die Grünen, will man seine Stimme nicht in den Orkus werfen.

Noch mal: Ich will nichts schlecht machen. Es ist nur ein naiver Erklärungsversuch, warum es ist, wie es jetzt ist.

Wenn meine Überlegung irgendein Körnchen Wahrheit beinhaltet, kann die ganze Kiste schneller kippen, als wir Kreuze auf unsere Stimmzettel machen.